Dienstag, Januar 3, 2012

Doppel-T-Träger

Nehmen wir einmal an, da wären oberhalb eines Fenster statt eines “normalen” Sturzes vor etwa 30 Jahren zwei Doppel-T-Träger mit einer Wandstärke von etwa 6 Millimetern eingemauert worden (Anm. d. Red.: man könnte freilich auch von um 90 Grad um die Längsachse verdrehten H-Trägern sprechen).
Nehmen wir weiterhin an, an diese Träger soll zwecks Anbringung von Gipskartonplatten eine Unterkonstruktion in Form von handelsüblichen Dachlatten über Kopf angebracht werden.
Wenn jemand von euch vor so einer Aufgabe steht, dann kommt hier mein persönliche Tipp:

LASST DAS EINEN HANDWERKER MACHEN.
Und schaut dabei zu.
Und lauschet den Worten, die dem Mundwerk dieses Handwerkers entfleuchen. Gegebenenfalls den anwesenden Kindern die Ohren zuhalten.

Wer diesen Tipp jedoch ignorieren will (”sind ja bloß zwei lächerliche Latten”), der kann sich schonmal auf so eine oder eine ähnliche Odyssee freuen:

Da eine Holzschraube sich an einem Stahlträger nur die Spitze plattdrückt, habe ich zuerst versucht, kleine Löcher (Ø3mm oder so) in den Träger zu bohren und die Latten anschließend mit meinen ganz normalen Spax festzumachen. Dabei sind mir drei Bohrer unrettbar (d.h. im Träger steckend) abgebrochen.
Nachdem ich raus hatte, wie man in den Drecks-Träger Löcher platziert (nämlich mit einem gut geschliffenen, relativ kleinen Bohrer, sauber senkrecht und mit dem richtigen Maß Druck), sind mir beim Festspaxen die Schrauben am Kopf abgebrochen. Die Latte hing zwar, aber nicht sehr tragfähig und vor allem nicht am Träger anliegend.

selbstbohrende_spax.jpg

Na gut, speziell für das Festschrauben von Holz an Metall gibt es ja im Handel diese so genannten selbstbohrenden Spax, siehe Bild, oben.
Der Dealer meinte, dass man die bis 5 Millimeter Metallstärke direkt verwenden kann; wenn’s darüber geht, soll man eventuell vorbohren.

Die erste gewonnene Erkenntnis war, dass diese Aussage bestenfalls für Feldwaldwiesen-Vierkantstahlrohre oder Trockenbauprofile gilt. Nicht aber für 30 Jahre alte Doppel-T-Träger. Denn solche Träger kratzen diese Schrauben nämlich erst gar nicht an.

Also hieß es Vorbohren, nur: mit was für einem Durchmesser?
Ø3,5mm reichen zwar, dass der Bohrkopf zumindest einmal ansetzt, aber damit kam ich nur bis zur nächsten Erkenntnis: dass man die Latte auch vorbohren sollte. Und zwar so groß, dass das Gewinde der Schraube grad durchflutscht.
Weil sonst drückt’s einem die Latte bei der Bohrphase der Super-Schraube wieder weg vom Träger.

Die nächste Erkenntnis war dann: diese Schrauben kennen, solange der Bohrkopf noch bohrt, nur eine einzige Drehrichtung: Im Uhrzeigersinn vorwärts. Wenn man trotzdem den Akkuschrauber andersrum einstellt (weil man zum Beispiel gemerkt hat, dass einem grade die Latte zerspreißelt, weil man die nicht oder nicht groß genug vorgebohrt hat), dann hat man einen Bohrkopf im Träger stecken. Und der Rest der Schraube sieht so aus wie unten im Bild.
Und der Bohrkopf ist gehärtet.
Und wenn man mit normalen Bohrern probiert, so einen Bohrkopf rauszubohren, dann kann man sich vermutlich Tage damit beschäftigen, zwischen Schleifbock und Bohrloch hin und her zu rennen.

Also lautet die zeitlich einzig effiziente Vorgehensweise: ein paar Zentimeter neben dem abgebrochenen Bohrkopf einen neuen Versuch starten.
Und den Träger größer vorbohren, sodass der Bohrkopf so gut wie nichts mehr zu tun hat. Aber nicht so groß, dass die Schraube durchflutscht. 6 Millimeter haben bei meinen Schrauben mit Durchmesser 6,3 Millimeter dann ganz gut funktioniert.

Wichtig auch bei der Vorbohrerei: mit dem Stahlbohrer aufhören, sobald man durch den Träger durch ist und auf Beton stößt. Sonst kann man nämlich auch wieder direkt zum Schleifbock rennen.
Dafür lieber Zeitnah einen Steinbohrer rein in den Akkuschrauber und hinter dem Träger Luft für die Schraube schaffen. Die braucht man nämlich, weil ansonsten die nächste Spezialschraube im Träger steckt…

Nach einigen Stunden Trial-And-Error, vier leergefahrenen Akkus, fünf abgebrochenen Bohrern, drei Beruhigungstees und vielen Brandblasen an den Händen (wegen der heißen Späne) habe ich mich auf folgende Vorgehensweise eingeschossen, die letztlich dazu geführt hat, dass die Latten nun endlich bombensicher an dem Dr$%&-Träger dranhängen:

  • Latte einpassen (Multimaster, Säge, Stemmeisen o. ä.), strategisch wichtige Stellen für die Schrauben ermitteln und anzeichnen. (Hier noch ein kleiner Insider-Tipp: so ein Doppel-T-Träger hat ziemlich genau in der Mitte seinen senkrechten Steg; da kann man später bohren, bis man schwarz wird… Besser die Randbereiche aussuchen!)
  • Latte an den gekennzeichneten Stellen vorbohren mit Ø6.5mm (ich hatte Schrauben mit Durchmesser 6,3mm)
  • mit vorgebohrter Latte an den Träger und die Stellen wo die Löcher ins Metall müssen, anzeichnen
  • Latte wieder weg und dann den Träger zuerst mit Ø2 bis Ø3,5 Millimeter vorbohren, dann mit Ø6mm aufbohren. Irgendwas mit langen Ärmeln anziehen! Die D%/&%/-Späne sind mehr als warm!
  • Latte ranheben und erstmal eine Schraube so weit ansetzen, bis der Bohrkopf durch das Metall durch ist
  • Nun die anderen Schrauben genausoweit ansetzen
  • Zum Schluss alle Schrauben fest versenken

Viel Erfolg!
Aber dank meiner Vorarbeit dürfte ja nun nichts mehr schief gehen…

P.S.: Der absolute Vollprofi hat für solche Arbeiten dem Vernehmen nach eine Art Bolzenschussgerät. Falls ihr so einen beauftragt habt, dann braucht ihr nicht zuschauen und müsst den Kindern auch nicht die Ohren zuheben.

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